Erzähl mir…

„Bitte erzähl mir von der Auferstehung. Erzähl mir mitten im Sommer, wenn die Linden rauschen. Erzähl mir, wie sie in den Himmel wachsen, ihre Arme ausbreiten und blau machen. Erzähl mir von der Weite jenseits meines kleinen Kopfes, der gut funktioniert, aber nicht alles weiß.

Er liebt es, Dinge zu ordnen. Er liebt es, Dinge zu wissen. Dabei vergisst er manchmal, über sich hinauszuschauen. Manchmal ist er ein Hochstapler. Dann besteht er darauf, nur zu glauben, was er sieht. Ach, Kleiner, und was ist mit der Liebe, der Poesie und was ist mit den Träumen? Kannst du die etwa sehen?

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Genauso wenig kann er erklären, wie ein Hybridmotor funktioniert oder warum Strom fließt. Er glaubt, was andere wissen; darum erzähl mir. Erzähl mir vom Horizont, der längst nicht endet, wo mein Blickfeld endet. Erzähl von Pusteblumen, die hinüberwehen von dem einen Leben ins andere.

Erzähl von Regenbögen und Vergissmeinnicht, von Himmelsleuchten und allem anderen, was das Leben aufbietet, um zu zeigen: Es geht weiter. Dummerchen, sieh nur: Es geht weiter als du denkst. Das hier ist erst die Vorschau!

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Erzähl mir von der Auferstehung, damit ich nicht vergesse. Damit ich nicht vergesse, was sein könnte, wenn mein Blick nicht am Boden klebt, hängen bleibt an ungeputzten Schuhen, Gullidecken und allen Abgründen dieser Welt. Erzähl mir, damit ich mein Gesicht in das Leuchten der Geschichten halte, Sonne für dunkle Tage, immer da.

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Erzähl mir, wenn die Heckendosen betören mit ihrem Duft und der Weizen sich wiegt. Erzähl mir jetzt, gerade jetzt, wenn die Erde satt ist und der Himmel seine Wolken aufschüttelt.“ 

(Susanne Niemeyer) 

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